Immer wieder liest man, dass Hunde an der Leine keinen Kontakt haben sollten. Im Alltag hingegen sieht man, dass regelmäßig Hunde an der Leine zusammengeführt werden, um mal „Hallo“ zu sagen.
Was aber ist falsch daran, Hunde an der Leine zu einander zu lassen?
Die Leine bedeutet für den Hund eine Einschränkung in seiner Bewegungsfreiheit. Sie verhindert, dass er sich so bewegen kann, wie er es von sich aus täte.
Es ist gerade dieser Umstand, der Hundezusammenführungen an der Leine so brisant machen kann.
Fremde Hunde, die ungeleint aufeinander treffen, nähern sich (wenn sie es besonders höflich tun und ausreichend Platz gegeben ist) in einem Halbbogen an, um sich zu beriechen und somit Informationen auszutauschen. Ist einer der Hunde nicht an einem Kontakt interessiert, hat er die Möglichkeit, auszuweichen.
Diese Möglichkeit wird ihm durch die Leine genommen.
So kann es dazu kommen, dass sich einer der beiden aufeinander treffenden Hunde durch den anderen bedrängt fühlt. Während er sich offline vielleicht deeskalierend verhalten und den Konflikt dadurch auflösen würde, sich durch Entfernen mehr Raum zu verschaffen, wird ihm diese Lösungsstrategie durch die Leine genommen. So hat er nur die Möglichkeit, durch aggressive Kommunikation dem anderen klarzumachen: „Ich möchte diesen Kontakt nicht.“ Im besten Fall versteht der Artgenosse dieses und weicht – tut er es nicht, hat der erste Hund wenig andere Möglichkeit, sein Anliegen zu verdeutlichen, als (schlimmstenfalls) zuzubeißen.
Aber selbst wenn es nicht zu einem Beißvorfall kommt, dann reicht für einen unsicheren Hund auch oft die Erfahrung, bedrängt zu werden und nicht davon zu können, damit seine Unsicherheit gegenüber anderen Hunden weiter wächst.
Daher: Lasst Eure Hunde, so lange sie angeleint sind, nicht zu Artgenossen Kontakt aufnehmen. Ist von Seiten der Menschen erwünscht, dass die Vierbeiner sich beschnüffeln, leint Eure Hunde vorher ab. Könnt Ihr Euren Hund (wegen Jagdtrieb o.ä.) nicht komplett ableinen, sichert ihn mit einer ausreichend langen Schleppleine, so dass er den Kontakt abbrechen kann, wenn er ihn nicht mehr möchte.
Der Verhaltenskodex, dass angeleinte Hunde nicht zu einander gelassen werden sollten, gilt übrigens auch, bzw. insbesondere (!), wenn nur einer der beiden Hunde angeleint ist. Hier ist das Kräfteverhältnis noch weitaus unausgeglichener. Zudem sind die Gründe, warum der andere Hund angeleint ist, oft nicht sofort offensichtlich: Vielleicht handelt es sich um einen Hund, der bereits schlechte Erfahrungen mit Artgenossen gemacht hat, möglicherweise hat er eine Krankheit etc.
Daher sollte gelten: Wenn ich auf ein Mensch-Hund-Team treffe, bei dem der Hund an der Leine ist, leine ich selbst meinen Hund an oder lasse ihn z.B. absitzen und das Team passieren.
So zollen wir nicht nur anderen Menschen und Hunden Respekt, sondern verhindern auch unangenehme Auseinandersetzungen.
(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
(Darf unter Angabe des Copyrights gerne geteilt werden.)
Hallo Johanna,
ich finde, dass dein Text den Nagel auf den Kopf trifft. Doch leider gibt es so verdammt viele Menschen, die ihren Hund entweder ohne Leine durch die Stadt laufen lassen oder ihren Hund angeleint schalten und walten lassen, wie es ihm in den Sinn kommt. Das Schlimmste daran ist für mich aber die Respektlosigkeit der Besitzer, wenn ich sie bitte, ihren Hund nicht an meinen heranzulassen.
Daraufhin wurde ich nicht nur einmal angeschnauzt, beleidigt, für dumm erklärt, und und und. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum einige Hundebesitzer ihre eigene Erziehungsmethode für unantastbar halten, und die Erziehungsmethode anderer mit Füßen treten. Mich regt das immer noch total auf. Meine Australian Shepherd ist inzwischen sechs Monate alt und wir üben täglich in kleinen Einheiten. Gerade eben trafen wir (mal wieder) auf eine Hundebesitzerin, ihr großer Hund unangeleint, rannte schnurstracks auf meine zu. Auf meine Bitte hin, blökte sie mich an, ihr Hund sei doch total lieb, was ich denn für ein Problem habe? – währenddessen versuchte ich, so gut es ging, ihren von meinem Hund zu blockieren. Ich bat sie, als sie dann schon an mir vorbeilief und ihr Bello noch an meinen heranwollte, also nochmal, diesmal etwas entschiedener, ihren Hund doch bitte zurückzurufen. Ihre Reaktion? „Was bist du denn für ne ignorante Person!? Hast keine Ahnung von Hundeerziehung!“
Aha. Selbst wenn ich keine Ahnung davon habe, heißt ein ich-möchte-das-nicht ich-möchte-das-nicht. Ignoranz vorzuwerfen, wenn man just in diesem Moment selbst ignorant agiert, ist schon faszinierend und paradox. Ich hoffe, ich lerne in den kommenden Monaten mehr Geduld gegenüber solch entzückenden Personen und Situationen. Denn, weiß Gott, ich kriege jedes beschissene Mal einen innerlichen Vulkanausbruch.
Liebe Grüße aus Berlin, Leila
Hallo Leila,
auch wir machen immer wieder diese Erfahrungen. Wie schade, dass andere Hundebesitzer oft so wenig Rücksicht nehmen…
Leider hilft da nicht viel, außer zu versuchen, aufzuklären (leider oft wenig erfolgreich) und ansonsten, durchzuatmen und die eigenen Nerven zu schonen – auch, wenn es schwer fällt.
Ganz liebe Grüße nach Berlin!